Comeback, Erkenntnisse und die Zukunft: Exklusivinterview mit Karl-Heinz Müller

Montag, 27. April 2015
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Karl-Heinz Müller, Geschäftsführer der Bread & Butter tradeshow GmbH & Co. KG, in der Eingangshalle des ehemaligen Flughafen Tempelhof. 

Vor etwa einer Woche hielt Karl-Heinz Müller im Business Club des ehemaligen Flughafens Tempelhof ein Meeting mit ca. 40 potenziellen Ausstellern, Entscheidungsträgern der Marken, Handels- und PR Agenturen, sowie dem Insolvenzverwalter Christian Graf Brockdorff und dem Vertreter des Vermieters Tempelhof Projekt GmbH, Pascal Thirion, ab. Über die dort festgehaltenen Punkte berichteten wir bereits letzten Mittwoch. Nun konnten wir den Geschäftsführer der neu gegründeten Bread & Butter tradeshow GmbH & Co. KG, Karl-Heinz Müller, für ein exklusives Interview gewinnen.
Wie es mit der Bread & Butter weitergeht und welche Lehren er aus dem vergangenen Jahr zieht, erzählt er hier. 

Wie geht es Dir?
Ich sag mal: nicht ganz schlecht. Nein, gut. Wir hatten am Freitag ein Meeting mit 40 potenziellen Ausstellern, mit Agenturen, unserem Insolvenzverwalter und dem Vertreter des Vermieters, also Tempelhof. Das lief ganz gut und ich bin sehr zufrieden damit. Jetzt müssen wir arbeiten und schauen, dass wir noch mehr Aussteller reinkriegen.

Das sind doch gute Nachrichten: Die Bread & Butter findet statt und sie findet in Tempelhof statt. Wie verlief der Prozess bis hin zu dieser Entscheidung?
Ich musste mich in den vergangenen Monaten fragen: Will ich das nochmal machen? Gibt es eine Notwendigkeit dafür? Man muss ja keine Regenschirme in der Sahara verkaufen - das bringt ja keinem etwas. Die Branche ändert sich. Aber ich meine, gerade in unserem Bereich, im 'Modern Urban Lifestyle', brauchen wir Berlin. Wir brauchen Tempelhof und wir alle brauchen den emotionalen Meeting-Point.
Die Pitti ist super für HAKA, das funktioniert hervorragend in Italien. Kopenhagen und Amsterdam sind recht regional. In Paris funktionieren Damen - Prêt-a-porter und Haute Couture - aber sicherlich nicht Urbanwear. Dann bleibt nur noch Berlin in Europa.
Wo also in Berlin? Momentan haben wir einen Mietvertrag für Tempelhof, der besagt, dass wenn die Veranstaltung zweimal hintereinander ausfällt, die Stadt, ungeachtet dessen, ob Miete gezahlt wird oder nicht, den Mietvertrag beenden kann. Wir haben aber noch einen Vertrag bis 2019 und eine Option auf Verlängerung für weitere zehn Jahre. Und dann habe ich mich gefragt: Kann ich es machen? Die Antwort ist: Ja, ich muss es sogar machen.
Wir halten den Mietvertrag, wir haben die finanziellen Mittel durch Darlehensgeber. Das Team ist auch da und motiviert.
Wir wollen und können es also umsetzen und ich glaube auch, wir müssen es für die Branche tun, damit Berlin und Tempelhof als Messestandort erhalten bleiben.

Es gibt laut Pressemitteilung bereits 120 Early Bird Anmeldungen, kannst Du da schon Namen nennen?
Wir sind mit sehr vielen Ausstellern im Gespräch. Unter den ersten Anmeldungen sind jetzt viele kleinere, neue Label, aber auch bekannte Brands wie K.O.I, Merz b. Schwanen, Herrlicher, Cinque, Cotton Knowledge Apparel, Naketano und Mavi. Viele sind noch unentschlossen und warten ab, was passiert. Einerseits vermissen sie die Bread & Butter, andererseits haben sie Angst, dass sie wieder ausfallen könnte.
Aber ich sage ganz klar: Die Messe wird stattfinden. Natürlich brauchen wir aber noch mehr gute Aussteller.

Ist es sehr schwer, das Vertrauen der Aussteller wieder herzustellen?
Ja. Die Veranstaltung am Freitag in Tempelhof war ein erster Schritt. Wir müssen ein Lebenszeichen senden und ganz klar kommunizieren, dass wir noch da sind, dass die Bread & Butter im Juli stattfindet.
Es wissen ja alle ganz genau, dass wir auf unserem Gebiet die Besten waren, dass wir keine steife Messe wollen, aber trotzdem bei uns Business stattfindet. Viele Labels and Brands haben wir durch die Bread & Butter mit aufgebaut.
Die Zersplitterung der Messelandschaft nutzt keinem, im Gegenteil, sie führt zu Verweigerung. Viele Labels reagieren jetzt damit, dass sie gar nicht mehr ausstellen wollen. Das ist eine negative Entwicklung für den Handel, die Presse und alle anderen Beteiligten. Ich glaube nach wie vor, dass es wichtig ist, dass die Leute sich persönlich treffen können, ‚Eye to Eye’. Der Branchentreffpunkt für Urbanwear ist unerlässlich. Wir werden jetzt eine gute Veranstaltung machen und hoffen auf den Zuspruch von noch mehr Marken. Dann können wir für Januar und Juli 2016 weiter planen.

Das neue Konzept ist, zugespitzt: ‚kein Konzept’. Wie können wir uns das vorstellen?
So wie wir es gesagt haben: keine Konzeption, keine Cluster. Ob das ein Drykorn-Anzug ist, ein Adidas-Sneaker, ein Bretonshirt von Amor Lux oder eine Jeans von K.O.I, das hängt heute alles nebeneinander im Kleiderschrank. Mann muss nicht unbedingt die Schuhe neben den Schuhen und die Anzüge neben den Anzügen platzieren. Es kann durchaus auch mal ein Jeanser dazwischen sein.
So können die Einkäufer viel besser Neues entdecken. Dieses Konzept geht aber nur deshalb, weil wir natürlich lange nicht so groß werden, wie wir einmal waren. Wir haben 20.000 Quadratmeter mit übersichtlichen Hallen und ein Thema: Modern Urban Lifestyle.

Ihr plant, statt der früheren Urban Base, einen sogenannten ‚Bread & Butter Start-Up’-Bereich. Wie sieht die Zielgruppe dafür aus?
Das ist ganz offen, da will ich gar nichts ausschließen. Das kann ein junges Food-Konzept sein, oder eine Kaffeebrauerei, ein IT-Entwickler für Online-Stores, junge Designer oder jemand, der etwas im Bereich Health macht. Wir wollen eine Spielwiese schaffen für junge Kreative, von denen es in Berlin und in der Welt unglaublich viele gibt, die bisher keine Plattform haben.
Die Area soll auch eine Bereicherung für den Händler sein, der dort Dinge sieht, die er noch nicht kennt und die ihn begeistern.

‚Keine Alleingänge mehr’ steht in der Pressemitteilung. Das klingt geerdet. Was sind Deine Erkenntnisse aus dem letzten Jahr?
Es gab drei große Entscheidungen, die ich in den letzten Saisons getroffen habe.
Erstens habe ich beschlossen, nur noch Marken und Label mit einer eigenen, für die Bread & Butter passenden Aussage zuzulassen. Ich denke, ein Club ist auch nur gut, wenn die Tür einen guten Job macht. Wir hatten viele top Marken an Board, dann kamen immer mehr ,Me-Too-Brands', also die Late Follower, die sich an die starken Marken anhängen wollen. Selbstverständlich gibt es dann Konflikte. Ich habe absolut nichts gegen diese Labels. Ich wollte aber eine glasklare Bread & Butter - eine tradeshow for selected brands.
Zweitens habe ich laut gesagt, dass der Konsument immer wichtiger wird und wir etwas tun müssen, um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen. Als kleines Label ist es gar nicht so einfach, vom Endverbraucher wahrgenommen zu werden, selbst wenn du genau deren Geschmack triffst. Dafür wollten wir an den beiden letzten Messetagen die Pforten für den Konsumenten öffnen und sind mit dieser Idee ganz böse gescheitert. Heute haben wir einen eindeutigen Konsumentenmarkt, der Verbraucher ist der Boss. Diese Öffnung war der richtige Ansatz, das bestätigen mir jetzt, zwei Jahre später, fast alle Beteiligten. Aber ich hätte mir dafür ein Mandat einholen müssen, zumindest bei den wichtigsten Marken. Das habe ich verpasst.
Drittens habe ich einen Locationwechsel zwischen Sommer und Winter vorgeschlagen, um mit unserer Veranstaltung ganz Europa abdecken zu können. Das war zuviel verlangt, da momentan alle Messen immer regionaler werden. Damit habe ich viele Aussteller verunsichert und letztlich haben sie sich für eine langweilige, aber dafür sichere, Alternative entschieden. Ich glaube nicht, dass diese Entscheidungen nachhaltig erfolgreich sein werden.
Meine Konsequenz daraus ist: Halte in diesen Zeiten lieber den Spatz sicher in der Hand, als der Taube auf dem Dach nachzujagen. Es fällt mir allerdings schwer, wider besseren Wissens zu handeln.
Ich werde künftig meine Wunschaussteller stärker in meine Entscheidungen mit einbeziehen und auf Alleingänge verzichten. Letztlich muss ich aber selbst entscheiden, was ich für richtig halte. Niemand trägt mein Risiko.
Der Multibrandhandel steht im sich immer schneller verändernden Markt vor enormen Herausforderungen, dennoch gibt es natürlich auch neue Chancen. Die Bread & Butter muss sich deshalb auch weiterentwickeln können, muss wie früher den richtigen Weg aufzeigen. Das ist der Job einer führenden Tradeshow.

Rückblickend – was war die beste Bread & Butter für Dich?
Das ist wirklich schwer zu sagen. Ich habe aber ein paar Highlights.
Die erste Veranstaltung in Köln war sehr klein, 50 Marken. Die hat unheimlich viel Kraft gekostet, ähnlich wie in der heutigen Situation. Ich musste kämpfen. Jeder hat gefragt: Wer sonst noch mitmacht. Es war zum Verzweifeln. Aber dann haben sich aber ein paar Mutige zusammengefunden und es wurde eine ganz tolle Veranstaltung.
Es gab auch ein paar super Veranstaltungen im Kabelwerk und besonders in Barcelona.
Die Spitze haben wir aber 2011/12 erreicht, als alle noch zusammengehalten haben und die ganze Fachwelt nach Berlin gereist ist. Wir hatten 80.- 90.000 Besucher. Das war sicherlich für die Industrie und für den Handel die beste Zeit und nicht zuletzt sehr einträglich für uns. Wir konnten uns tolle Events leisten. Da wollen wir wieder hin.

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Tags: Karl-Heinz Müller, Geschäftsführer der Bread & Butter tradeshow GmbH & Co. KG über das Comeback der Bread & Butter und seine Lehren aus dem vergangenen Jahr.
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POSTED by Barbara Russ at 09:01
Zuletzt aktualisiert am d.m.y  

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