J’N’C Interview mit Mikko Kärmäräinen, Human Scales

Montag, 24. August 2015
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human scales

Human Scales Co-Founder Mikko Kärmäräinen

„Ich glaube, wir werden dieses Mal für viel Stirnrunzeln sorgen“, kündigt Co-Founder Mikko Kärmäräinen von Human Scales in unserem Interview an. Das Menswearlabel wurde 2007 von ihm und Peter Ferber gegründet und expandiert seitdem stetig auf dem europäischen Markt. J’N’C wollte von Mikko wissen, was Männlichkeit bedeutet, was der Schwede vom Deutschen noch lernen kann und klärt auf, warum Human Scales für viel Stirnrunzeln sorgen wird…

Mikko, wie kamst du zur Fashion-Branche?
Wir, Peter und ich, hatten mehrere Concept Stores in Stockholm, vermissten aber etwas Bestimmtes auf dem Markt: Eine Marke, die all den Schnickschnack besitzt, sich auf die Passform und den Style konzentriert, aber auch auf die Qualität und die Wahl der Materialien.

Also eigentlich auf alles.
Ja, aber wir wollten Kleidung, die sich einfach kombinieren lässt – ohne komplizierte Details, die lächerlich aussehen. Uns war eine gewisse Erhabenheit wichtig und ich glaube, dass das nach wie vor ein Teil der schwedischen Mode ist. Gleichzeitig wollen wir eine Preisrange beibehalten, die die Leute umhaut. Das ist uns immer noch wichtig und ich denke, in Anbetracht der Stoffe, die wir verwenden, können wir bis heute einen guten Preis gewährleisten.

Und was ist euer bestes Ergebnis?
Eine unserer Visionen war es, eine Jeans mit der bestmöglichen Passform zu entwerfen. Wir nannten sie so, wie sie ist: ‚The Greatest‘.

In eurem Unternehmensprofil steht: „Human Scales is a label that breathes masculinity.“ Was bedeutet Männlichkeit für dich?
Wenn ich ehrlich bin, müssten wir das eigentlich umschreiben, denn „breathes masculinity“ – was soll das heißen? Ich glaube, was wir damit ausdrücken wollten ist, dass wir Kleidung entwerfen, die heraussticht und die einen Eindruck hinterlässt – ohne unnötige Details. Wir bevorzugen Simplizität und Einzigartigkeit: Verspielt, aber nicht verrückt. Kleidung, die zu allen Anlässen passt. Vielleicht ist das maskulin…

Und worauf achtet ihr bei einer Kollektion am meisten?
Uns geht nichts durch die Finger und wir sind sehr stolz darauf, jedes Kleidungsstück ganz genau zu begutachten, bevor es in die Produktion geht. Und wir sind, was das angeht, sehr hart. Es kommt sogar vor, dass wir in letzter Minute Änderungen vornehmen, auch wenn diese manchmal wehtun. Grundsätzlich würde ich aber sagen, jedes einzelne Teil unserer Kollektion ist für uns wichtig, auch wenn unsere Hemden und Schuhe unsere Stärken sind.

Und was erwartet uns in der Frühjahr-/Sommer-Kollektion 2016?
Ich glaube, wir werden dieses Mal für viel Stirnrunzeln sorgen. Wir haben große Schritte nach vorn gemacht, indem wir ein deutlich jüngeres Publikum ansprechen. Gleichzeitig entfernen wir uns in kleinen Schritten von ‚dressy Styles‘, auch wenn unsere Range an Schuhen und Blazern nach wie vor gegeben ist. Nun wollten wir verspielter an die Kollektion herangehen und mit exklusiven japanischen Stoffen arbeiten, die in der Produktion deutlich mehr Zeit beanspruchen. Solch eine Qualität kostet natürlich auch Geld, aber diese Stoffe sind einfach toll – luftig und bequem, mit einer ansprechenden visuellen Tiefe, die man unmöglich mit neuen Maschinen erzeugen kann. Der Teufel steckt eben im Detail.
Wir haben auch unsere Range an handgemachten Schuhen erweitert und tauchen ein in die Welt der Goodyear rahmengenähten Schuhe. Wir bei Human Scales setzen auf Qualität; da schien uns dieser Weg nur natürlich. Unsere Schuhe sind sehr beliebt, denn es ist sehr schwer solche in diesem Preis-Leistungs-Verhältnis zu finden. Der Rahmen wird von Hand gefertigt, ein seltener Herstellungsprozess heute. Das mag für eine Bekleidungsbrand ein wenig seltsam sein, sich selbst und seine Kunden mit einer derartigen Qualität zu verwöhnen, aber wie gesagt: Wir setzen auf Qualität und Einzigartigkeit.

Was wäre denn neben eurem Qualitäts- und Individualitätsanspruch ein typisches Human Scales-Merkmal?
Wir erwischen uns oft dabei, die Rückseite des Stoffs zu bevorzugen. Wir drehen die Dinge gerne um, biegen sie, krempeln sie um und überraschen gerne. Typisch Human Scales ist also die Vielseitigkeit. Wir wollen, dass unsere Sachen zusammen mit dem Kunden altern. Sie sind dazu bestimmt, schön zu altern und wenn nicht für den Kunden, dann für unseren Planeten.

human scales

Ein gutes Team: Mikko Kärmäräinen und Peter Ferber

Apropos Planeten: Ihr verkauft derzeit in ganz Skandinavien, England, Irland, Spanien und Deutschland. Plant Ihr in naher Zukunft weiter zu expandieren?
Wir wollen Wachstums-Schmerzen vermeiden und glauben, dass es besser ist, den Dingen ihren natürlichen Lauf zu lassen. Davon abgesehen, wollen wir natürlich die Welt erobern, aber wir fangen mit Europa an und kümmern uns dann später um Manhattan.

Wie unterscheidet sich der schwedische vom deutschen Markt?
Das ist noch schwer zu sagen, da wir erst kürzlich in Deutschland verkaufen, aber Deutschland ist natürlich ein deutlich größerer Markt als Schweden. Wenn ich aber darüber nachdenke, würde ich sagen, dass die Schweden und die Deutschen sich recht ähnlich sind. Wir sind beide sehr rigoros und akkurat. Beide wollen die Dinge richtig machen und Deutschland war einer der ersten Märkte in Europa, der die schwedische Mode adaptiert hat.

Und wie differenzieren sich die Männer beider Länder?
Das klingt vielleicht jetzt etwas seltsam, aber das lässt sich nicht so einfach sagen. Nehmen wir den Mann aus Söndermalm, lässt sich deutlich ein Vergleich zwischen beiden ziehen. Aber wenn wir den schwedischen Mann in Stockholm betrachten, haben wir ein ganz anderes Szenario.

Und was kommt dabei heraus?
Der Stockholmer ist sehr um sein Aussehen bemüht. Ich denke, das ist ein Überbleibsel aus dem sogenannten ironischen, bzw. zynischen Zeitalter, das in den 90er Jahren in Schweden sehr populär war. Niemand traute sich, für etwas einzustehen. Es hat also sehr viel mit der Generation zu tun, aus der du stammst. Der deutsche Mann scheint da entspannter zu sein und einen größeren Wenderadius zu besitzen. Betrachtet man jetzt die jüngere ‚Clubby Croud‘ in Schweden, erkennt man, dass wir uns mehr in eure Richtung bewegen. Diese Generation ist deutlich glücklicher und entspannter. Aber vielleicht ist der deutsche Mann weniger in nur einem Feld gefangen.

Kommen wir auf das Feld Mode zu sprechen: Ihr habt euer Label 2007 gegründet. Wie hat sich das Fashion Business seitdem verändert?
Damals war es für uns nur eine Art Spiel. Wir besaßen ein paar Stores und wollten etwas Neues ausprobieren. Wir hatten keine Ahnung, dass Human Scales ein Hit werden würde. Damals schien es, als sei alles möglich – zumindest aus meiner Erinnerung heraus. Damals hattest du nur Kontakt zu den Einkäufern, nicht aber zum Personal. Aber heutzutage ist es wichtig, sie zu kennen, denn heute ist gleich eine ganze Welt von dir abhängig. Das ist auch gut so, denn man muss mit jedem eine gute Beziehung pflegen und man muss wissen, was man verkauft, denn die Kunden sind wissbegieriger und informierter denn je.

Wenn du eine Fashion-Dekade aussuchen könntest, welche wäre das?
Oh, das ist schwere Frage, aber ich würde sagen die frühen 90er.

Und zu guter Letzt: Du kannst nicht leben ohne…
Peter und ich gründeten Human Scales gemeinsam auf einem unserer Angeltrips zwischen den Stockholmer Inselgruppen. Ohne diesen Ort, meinen Sohn natürlich und einem Boot, wäre das Leben deutlich härter. Aber kombiniere das mit einem Paar Benny Lt Brown Schuhen, einer Jim Hose, einem Charles Crazy Karohemd und mit einer Petter Indigo Jacke und du hast schon mal einen Anfang…

Vielen Dank für das Interview, Mikko.

 

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Tags: human scales, interview, peter ferber, mikko kärmäräinen
Interviews
POSTED by Cheryll Mühlen at 12:18
Zuletzt aktualisiert am d.m.y  

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