Interview mit Sophie Hicks: Die Geisterjägerin

Mittwoch, 12. Dezember 2012
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Frau Hicks, Sie werden weltweit für Ihre innovativen und stylischen Storekonzepte gefeiert. Warum haben Sie mit dem Retaildesign aufgehört?
Ein Grund ist ganz einfach: die Krise. Nachdem ich mein letztes Projekt vollendet hatte, nämlich den Yohji Yamamoto-Store in Paris, kam der große Crash. Es passierte, als wir 2008 mitten in der Planung waren, fertig wurde der Shop Ende 2009. Sehen Sie, ich habe für Marken des Luxussegments gearbeitet, die alle ausnahmslos eingebrochen sind. Die Branche verstummte in einer Schockstarre.

Es gab diesen ruhigen Moment, in dem alle nur abwarteten, was als Nächstes passieren würde. Sehen Sie, in meiner Karriere mochte ich diese Momente immer, denn sie geben einem Zeit und Raum, alles zu überdenken. Ich bekam auf einmal genug Zeit, alles Revue passieren zu lassen und meine Ziele, Wünsche und Träume neu zu definieren. Ich wollte schon immer Häuser bauen. Verstehen Sie mich nicht falsch, es macht wirklich Spaß, Shops zu bauen und Ladenkonzepte zu entwickeln. Es war mir stets ein großes Vergnügen, mich kopfüber in den Ethos einer Marke zu stürzen, zu versuchen ihn zu verstehen, die Schlüsselcharakteristika des Labels herauszuarbeiten und ihm ein physisches Umfeld zu geben, das ausnahmslos zu seinem Image passt, mehr noch, als sich das die Verantwortlichen selbst je hätten vorstellen können. Glauben Sie mir, das ist eine spannende intellektuelle Aufgabe, die ich geliebt habe.

Erzählen Sie mir mehr von diesem Prozess.
Wenn man ein gutes Storekonzept entwerfen will, muss man versuchen, in den Kopf der Marke zu gelangen. Allerdings ist das oft keine Person. Als ich für Paul Smith gearbeitet habe, wusste ich: ER ist die Brand. Diese eine Person repräsentiert die ganze Marke und ich muss in seinen Kopf, um die Marke zu verstehen. Bei ihm war das wirklich leicht, da er, wie ich, ein starker Charakter mit starken Ansichten ist. Dann musste ich mich nur noch fragen: Was würde Paul Smith tun? Ich musste mir ein Shopdesign durch und in seinem Kopf vorstellen. Wir haben fantastisch zusammengearbeitet. Wenn Sie das aber auf eine Marke anwenden, an dessen Spitze nicht eine einzelne Person steht, wird dieser Prozess erst wirklich interessant, denn es gibt ja nicht die eine Person, in deren Kopf man schauen müsste oder könnte. Also müssen Sie einen Weg finden, sich einen Kopf zu erfinden, durch den Sie durchsehen können.

Das klingt abenteuerlich.
Lassen Sie mich das erklären. Als ich begann für Chloé zu arbeiten, war Phoebe Philo Chefdesignerin. Aber das Label existierte bereits viele Dekaden vor Philo und es war klar, dass das Unternehmen auch nach Philo weiterexistieren würde. Bei den großen Modehäusern kommen und gehen die Designer, so ist das Prozedere. Also muss man versuchen, den Geist einer Marke heraufzubeschwören und zu verstehen. Und der Geist, das ist mehr als nur der Designer. Er muss mehr sein als der Designer. Trotzdem war ich froh, dass es zu Beginn Phoebe war, denn auch sie ist ein starker Charakter. Sie merken, ich mag es, mit starken Charakteren zu arbeiten. Trotzdem durfte ich nicht alles aus ihrem Blickwinkel betrachten, denn mir war ja bewusst, dass sie nur für eine bestimmte Zeit das Gesicht des Hauses und niemals der Kopf sein würde. Sie würde in ein paar Jahren weiterziehen, und Shopdesigns haben eine andere Halbwertszeit als die Mode, die dort verkauft wird. In der Regel müssen sie für etwa fünf Jahre genauso relevant bleiben wie am ersten Tag der Eröffnung. In meiner gesamten Zeit als Architektin für Chloé habe ich vier verschiedene Designer mitbekommen. Also musste ich mir einen Charakter für die Marke ausdenken, der nicht austauschbar ist wie die Designer. Selbstverständlich fließt auch immer das Wesen des aktuellen Designers mit in diesen Charakter, aber zum Großteil muss er den Geist der Marke reflektieren. Wie schon erwähnt ist das eine höchst fordernde, aber interessante, intellektuelle Aufgabe, aber ich kam an den Punkt, an dem ich etwas Bodenständigeres machen wollte. Und Häuer zu bauen ist in meinen Augen sehr bodenständig. Sie müssen sich die Hände schmutzig machen, wissen Sie.


Die Fragen stellte Svea Jörgens. Das Foto ist von Volker Conradus.


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Tags: J'N'C News, current issue, interview
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