Interview mit Nicole Schneider & Christine Korte, Gründerinnen LESSaFAIR

Thursday, 02 August 2018
E-mail Print option in slimbox / lytebox? (info) PDF
Less A Fair
Aus J'N'C 3-2018 FROM EGO TO ECO

Was genau verstehen Sie unter dem Begriff „Slow Lifestyle“, und was macht dieser für Sie persönlich erstrebenswert?
Nicole Schneider: Es geht beim Slow Lifestyle darum, achtsam mit sich selbst zu sein und dafür zu sorgen, dass es der Seele und dem Körper gut geht. Er stellt das innere  Gleichgewicht wieder her und man ist wieder dazu in der Lage, das hier und jetzt zu genießen. Mir persönlich gibt ein entschleunigter Alltag mehr Freiheit.
Christine Korte: Ich verstehe den „Slow Lifestyle“ als Gegenentwurf zu einer wachstumsgetrieben Leistungsgesellschaft, die weder gesund für die Umwelt noch für den Menschen ist. Mir hat Entschleunigung und ein bewusstes Leben geholfen, mich endlich von dem Druck zu befreien, ständig von außen getrieben funktionieren zu müssen. Ich habe Erfolg damit für mich neu definiert.

Wie schätzen Sie die Marktentwicklung nachhaltiger Mode in den kommenden Jahren im Allgemeinen und im High-Fashion/Luxus-Segment im Besonderen ein?
Christine Korte: High-Street-Marken müssen umdenken; das zeigen beispielsweise die Umsatzeinbrüche bei H&M. Nachhaltige Produkte sollten gerade bei den Ketten, die den meisten Müll produzieren, die Norm und keine medienträchtige Ausnahme mehr sein. 
Die Luxusbranche befindet sich ja generell im Wachstum, was bestimmt auch daran liegt, dass sie sich bereits als nachhaltigen Gegenentwurf zur Massenproduktion versteht. Sie darf sich aber nicht nur im Design und der Qualität ihrer Produkte davon absetzen. Konsumenten, die viel Geld in ein Produkt investieren, fordern dafür heute auch Transparenz. Ökologische und faire Arbeitsbedingungen sind wichtige Kaufanreize, die den Luxus-Faktor einer Marke pushen.
Nicole Schneider: Luxus ist für mich ein Lebensgefühl. Eine Haltung und ein Statement. Es wird sich noch viel bewegen und verändern. Das Bewusstsein für nachhaltige Markenentwicklung fängt gerade erst an. Wir stehen vor einem großen Umbruch.

Gibt es im High-Fashion-Segment überhaupt schon genug Brands, die nachhaltig produzieren und fair handeln, um Ihr Online-Produkt abwechslungsreich mit Leben zu füllen?
Nicole Schneider: Auf jeden Fall. Wir befinden uns gerade mitten im Aufbau unseres Online-Magazins LESSaFAIR und entdecken bei der Arbeit fast jeden Tag neue spannende Brands, die nachhaltig und fair handeln, mit innovativen Stoffen und Materialien experimentieren und forschen. Wir denken, in den kommenden Jahren wird es noch eine spannende Entwicklung gerade im Textilbereich geben. 
Christine Korte: Dem kann ich mich nur anschließen. Es ist unglaublich, auf wie viele tolle Marken und Geschichten man bei der Recherche trifft. Die Köpfe dahinter sind wahnsinnig innovativ und das nicht nur, wenn es um die Verwendung von umweltfreundlichen Materialien geht. Auch im Design sind sie vielen anderen Labels voraus. Ich glaube, die Designer werden grundsätzlich kreativer, weil sie sich von eingefahrenen Strukturen lösen müssen und oft nicht auf herkömmliche Produktionsketten zurückgreifen können.  

Was genau macht nachhaltige Mode für Sie aus? Reicht es, einen Aspekt des Produktions- / Fair Trade-Spektrums zu bedienen, oder müssen alle möglichen Kriterien erfüllt sein?
Christine Korte: Wir sind da nicht so kategorisch. Vielmals haben kleine Labels ja auch gar nicht das Geld, um bestimmte Zertifizierungen zu bekommen. Trotzdem wollen wir sie nicht ausschließen.  
Nicole Schneider: Ja, Nachhaltigkeit kann bereits bei einem traditionellen Firmen-Hintergrund beginnen, dem Einsatz von neuen Materialen und dem Austesten von neuen Produktionswegen. Auch der soziale Aspekt spielt eine wichtige Rolle für uns. So lässt etwa das dänische Label Carcel seine Kleidung von Frauen im Gefängnis produzieren, um ihnen eine Perspektive für die Zukunft zu geben. 

"LESSaFAIR holt sie mit einer modernen Ästhetik aus der Öko-Ecke in die High Fashion und erzählt ihre facettenreichen Geschichten auf innovative Weise." 

Nach welchen Kriterien suchen Sie die Labels aus, die Sie featuren, welche Voraussetzungen müssen diese in Sachen Produktion, Materialien etc. mitbringen?
Nicole & Christine: Transparenz ist uns sehr wichtig! Nur wenn man die Produktionsketten nachvollziehen kann und weiß unter welchen Bedingungen die Mitarbeiter arbeiten, können wir entscheiden, ob wir eine Marke bei uns featuren. Offenheit soll übrigens auch bei LESSaFAIR regieren. Der Leser soll selbst entscheiden dürfen, ob ein bestimmtes Label seinen Ansprüchen an Nachhaltigkeit entspricht.  

Welchen Zertifikaten bezgl. nachhaltig produzierter Mode vertrauen Sie?
Nicole & Christine: Das GOTS zertifizierte Textilsiegel ist vertrauenswürdig – es stellt sicher, dass ein Label soziale ebenso wie ökologische Richtlinien erfüllt.

Stichwort „Greenwashing“: Wie überprüfen Sie die Informationen, die Sie von Brands und Herstellern erreichen?   
Nicole & Christine: Wir schauen uns die Produkte und den Inhalt genau an, wenn möglich, besichtigen wir auch die Produktionsstätten und Fabriken. Außerdem werden wir Hintergrundgeschichten zu Mitarbeitern liefern und treffen Designer persönlich. Wenn das Produkt authentisch ist, findet es unseren Zuspruch.

Wie kann man die doch sicherlich sehr verwöhnten Konsumenten im Luxus-Segment motivieren, ihr Konsumverhalten zu ändern und sich nachhaltigen Produkten zuzuwenden?
Nicole & Christine: Indem man, wie wir, coolen und nachhaltigen Labels eine Plattform bietet, sich richtig zu präsentieren. LESSaFAIR holt sie mit einer modernen Ästhetik aus der Öko-Ecke in die High Fashion und erzählt ihre facettenreichen Geschichten auf innovative Weise. So erzeugen wir bei unseren Lesern eine Sehnsucht nach traditionellem Handwerk und Kollektionen aus ökologischen und recycelten Materialien.

Motivieren Sie proaktiv Brands, Labels und Hersteller dazu, sich am Thema Nachhaltigkeit mit einem eigenen Beitrag zu beteiligen?
Nicole & Christine: Wir sind gerade im Aufbau. Aktiv an der Entwicklung und Beratung von Brands mitzuwirken, ist auf jeden Fall eine wichtige Zukunfts-Vision von LESSaFARIR. 

Welche Brands haben für Sie derzeit die größte Vorbild-Funktion und -Credibility?
Nicole & Christine: Stella McCartney ist nicht nur eine große Pionierin, bei ihr ist die Symbiose aus Nachhaltigkeit und Luxus einfach sehr authentisch. Das Label Paloma Wool hat es geschafft, unter Modeprofis zum echten Geheimtipp zu werden. Das liegt natürlich vor allem an seinem zeitgeistigen Design. Außerdem lieben wir Honest by und Cienne. 

Welche Brands tragen Sie persönlich am liebsten? 
Nicole Schneider: Ich habe mir gerade ein Kleid von Paloma Wool bestellt und kann es kaum erwarten, es auszuführen. Ansonsten komme ich aus meinen Sommerslippern von St.Agni kaum noch raus.
Christine Korte: Ich bin kürzlich auf das Berliner Label Belize gestoßen und möchte mir unbedingt eins ihrer Oversize-Kleider für den Sommer zulegen. Designerstücke von Saint Laurent und Valentino stöbere ich gerne beim Vintage-Shopping auf. 

Weitere Informationen unter lessafair.com.

Back ...
Interviews
POSTED by Cloat Gerold & Thorsten Osterberger at 14:20
Last Updated on y-m-d  

Go to our Fashion Shoots

ThelxinoeThelxinoe

JNC Ads Rectangle Home 06

Advertisement

JNC Ads Rectangle Home 07

Advertisement

mod_fashionshootings_preview_home

Go to our Fashion Shoots

From Berlin with Love From Berlin with Love Hot in the CityHot in the City

Advertisement

Advertisement

Latest Issues


The
Current Issue